Sprachförderung
für Menschen,
die bereits Deutsch sprechen. -->
DRUCKVERSION
(1) Zum unterhaltsamen
Einstieg ein Aufsatz über Sprache
aus d. Zeitschrift Idee und Bewegung Heft 82/83, Okt. 2008,
(2) Vortragsnachschrift 9 DINA4-Seiten: "Warum die Grimmschen Märchen so berühmt sind" )
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1) |
Sprachförderung
im Alter von 0 - 2 Jahren |
2) |
Sprachförderung
im Alter von 1 - 5 Jahren |
3) |
Sprachförderung
durch
rhythmische Wiederholung |
4) |
Sprechenlernen
und elektronische Medien |
5) |
Körperliche
Bewegung ist die Voraussetzung für
das Sprechenlernen |
6) |
Sprachförderung
durch Vorlesen und Erzählen für Kinder |
7) |
Sprachförderung
durch Lautmalerei |
8) |
Sprachförderung
durch
sichtbare Sprache |
9) |
Sprachförderung
durch
Auswendiglernen |
10) |
Sprachförderung
durch Märchen |
11) |
Lautes
und stummes Lesen des
Erwachsenen |
12) |
Sprachförderung
durch
Singen von Texten |
13) |
Der
Erwachsene ist Vorbild --> Sprechübungen für
Eltern und Erzieher |
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1)
Sprachförderung im Alter von 0 bis 2 Jahren
Das Kind erlebt nach der Geburt seine eigenen Lebensvorgänge,
die alle rythmisch ablaufen und sich wiederholen: es schläft
und wacht, es atmet ein und aus, sein Herz schlägt, es
hat Hunger und wird gestillt. Die Mutter nimmt es auf den
Arm, schreitet im Zimmer auf und ab und wiegt das Kind, dabei
singt sie ein Lied. Was erlebt das Kind? Es erlebt den Rhythmus,
von dem sein Leben abhängt, aber nun künstlerisch
gestaltet im Lied. Es erlebt beglückt, daß es auf
der Erde auch Harmonien gibt. Daß es aus einem Bereich
kommt, wo es Harmonie gibt, kann man wohl annehmen, wenn man
bedenkt, mit welchem bedingungslosen Vertrauen und mit welcher
Offenheit und Freude es alles nachahmt, was es vorfindet,
daß es Finnisch oder Japanisch lernt, je nachdem, wie
die Eltern sprechen. Immer erlebt es künstlerisch gestalteten
Rhythmus und verlangt nach rhythmischer Wiederholung. Es kann
einen kleinen Vers viele Male hintereinander mit Begeisterung
hören und miterleben, während ein Erwachsener schon
beim zweiten Mal sagen würde "Jetzt ist`s genug,
ich kenn`s schon". Hier geht es aber nicht um die simple
Information, die in den wenigen Worten steckt, sondern um
das Leben im sprachlich oder musikalisch gestalteten Rhythmus.
In neuer Zeit hat die junge Wissenschaft der Kinesik festgestellt, daß die gesamte Körpermuskulatur des Sprechers bei jedem Laut bestimmte, dem bloßen Auge nicht wahrnehmbare, Bewegungen vollführt. Der Hörer seinerseits reagiert mit den selben feinen Bewegungen mit einer minimalen Zeitverzögerung von ca. 0,05 Sekunden. Wir Erwachsenen erleben es ja auch, daß wir uns selber räuspern müssen, wenn wir einem heiseren Vortragsredner lauschen. Der Entdecker William S. Condon sagt: "Bildlich gesehen ist es, als ob der ganze Körper des Hörers in präziser und fließender Begleitung zur gesprochenen Sprache tanzte." Aus diesen Bewegungen heraus formt das Kind seine Sprache. Daran können wir sehen, wie wichtig es ist, daß der Erwachsene vorbildlich spricht, siehe Punkt 13).
2)
Sprachförderung im Alter von 1 bis 5 Jahren
Es kommen Kosespiele hinzu ("Kinne wippchen,
rotes Lippchen…"), Kniereiter ("Hoppe
hoppe Reiter, wenn er fällt dann schreit er…", "So reiten die Herren…"),
Fingerspiele ("Das ist der Daumen, der schüttelt
die Pflaumen…") Kinderreime wie "Säge
säge Holz entzwei", "Ri Ra
Rutsch, wir fahren mit der Kutsch", "Da
hast `nen Taler…" welche, deutlich gesprochen
und mit entsprechenden Bewegungen begleitet die Dimensionen
oben - unten, vorn – hinten, links - rechts im Gehirn
veranlagen und damit die spätere Denk- und Sprachfähigkeit.
Kaufen Sie keine modernisierten Kinderreime und –lieder.
Diese haben den jahrhundertealten Qualitätstest auf Rhythmus,
Klang und therapeutische Lautfolge noch nicht bestanden. Die
alten sind mündlich überliefert worden, dabei hat
man gehört, ob sie etwas taugen. Heute wird weniger gesprochen
als stumm gedruckt …
0
- 5 Jahre |
2
- 7 Jahre |
3
- 8 Jahre |
Literatur:
Heide Mende-Kurz, Dipl.-Sprachgestalterin
und Logopädin, siehe --> www.wortforum.de
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3)
Sprachförderung durch rhythmische Wiederholung
Wenn das Kind älter wird und schon
eine längere Geschichte im Zusammenhang als Ganzes erfassen
kann, kommen die sogenannten Kettenmärchen dazu, wie "Das Rübchen" (russisch),
"Die Böckchen Brausewind"
(Norwegen), "Läuschen und Flöhchen" (Brüder Grimm), "Die gefräßige
Katze" …. Dazu gehört auch die Geschichte "Der Pfannkuchen", die F. Jentzsch
nach einem russischen Märchen geschrieben hat (siehe
Link --> Veranstalter
/ KiGa). Aus der Vertrautheit der Wiederholung
und der Geborgenheit des bereits Bekannten wird bei jeder
Strophe ein neuer Schritt ins unbekannte Leben hinaus getan.
Das Kind erlebt jedesmal einen gesicherten Fortschritt auf
dem Lebensweg und findet seinen Mut bestätigt, mit dem
es auf die Welt gekommen ist. Das Kind liebt die Sprache,
und was es liebt, das lernt es um so eifriger.
4)
Sprechenlernen und elektronische Medien
Wie lernt das Kind sprechen? Es fühlt
zunächst die Stimmung, in der sich Mutter oder Vater
befinden, und es hört das jeweils dazu gesprochene Wort.
Es verbindet die wahrgenommene Stimmung mit dem gehörten
Klang und versucht es nachzusprechen. Das Kind braucht das
Vorbild des Erwachsenen, der mit ihm spricht.
Der Stauferkaiser Friedrich II. wollte im Jahr 1211 herausfinden,
welche Sprache die Ursprache der Menschheit sei. Deshalb veranlaßte
er, daß sieben Säuglinge ausschließlich von
Ammen genährt wurden, die den Kindern keinerlei Zuneigung
entgegenbringen und kein Wort mit ihnen sprechen durften.
Ergebnis des Experiments: Nach ungefähr drei Monaten
starben die Kinder.
Das Kind braucht dringend die Zuwendung und das Vorbild des
mit ihm sprechenden Erwachsenen. Von einem Radio oder Fernseher
oder anderen elektronischen Geräten lernt das Kind nicht
sprechen, weil die Geräte nur die technische Akustik
liefern können. Außerdem verhindert das unbewegliche
Sitzen vor einem Bildschirm eine gesunde Bewegungsentwicklung
und Ausbildung aller Sinne des Kindes. (Literatur: Dr. Rainer
Patzlaff: "Medienmagie oder die Herrschaft über
die Sinne", "Der gefrorene Blick", "Sprachzerfall
und Agression" u.a.)
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5)
Körperliche Bewegung ist die Voraussetzung für das
Sprechenlernen
Grundlage von 1) bis 4) ist die gesunde
Bewegungsentwicklung des Kindes. Es muß seinen Körper
beherrschen lernen und sich in ihm wohlfühlen. Wenn es
in den Raumesdimensionen unten – oben, vorne –
hinten, rechts – links zu Hause ist, dann wird die Beweglichkeit
seiner Zunge später davon Zeugnis ablegen, bei N L D
T senkrecht an den Gaumen stoßen und nicht nur flach
im Mund liegen zum Lispeln.
Heute sitzen Zehnjährige täglich ca. 6 – 9
Stunden. Nur 1 Stunde täglich sind sie in Bewegung, nur
5 % ihrer Zeit verbringen sie im Freien. Kleine, die laufen
können, werden fast nur in Wägelchen geschoben,
weil sie im Wagen besser unter Kontrolle sind, und weil die
Mutter so schneller vorankommt. Meistens sieht man auch die
Kleinen auf Dreirädchen oder kleinen Fahrrädern
rollen. Das ist etwas grundsätzlich anderes als Gehen,
Laufen und Rennen. Über die Fußsohlen werden ja
beim Laufen sämtliche Körperfunktionen aktiviert!
Das Erleben von eigenen Fort-Schritten wird auf einer höheren
Ebene beim Erwachsenen weiterwirken! Bilder dazu: --> mehr
Körperliche
Geschicklichkeit können die meisten Kinder heute nur
noch durch bewußte Förderung der Eltern und Erzieher
erlangen. Vielfältige Ballspiele, Seilspringen, Balancieren,
Klettern, "Huppekästel" oder "Himmel-und-Hölle"
sind zum Kindergartenprogramm geworden. Die körperliche
Beweglichkeit veranlagt beim Kind spätere geistige Beweglichkeit.
Alle Sinnesreize verknüpfen beim Kind die Gehirnzellen
miteinander (Synapsen) . Mit jeder Erfahrung und Bewegung
werden die Nervenzellen vielfältiger und fester miteinander
verknüpft.
Literatur 4) Heide Mende-Kurz: "Sprache statt Schnuller" Alte
Kinderreime neu entdeckt, 2010, Johannes Mayer-Verlag, Stuttgart
ISBN-13: 9783867830201
Literatur:
5) Margot Angelika Kurz: Examensarbeit über Bewegungsentwicklung, Entwicklung der Sinne,
Sprachentwicklung im Kindergarten" Stuttgart,
2006, 38 S. DIN A 4 mit vielen farbigen Abbildungen
10,- € + Versandkosten in Deutschland 2,50 €,
zu beziehen bei der Autorin Margot A. Kurz, Bachstr.
9, 73061 Ebersbach, oder bei Frank Jentzsch.
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Modernisierte
Kinderreime und Kinderlieder brauchen Sie nicht. Diese haben
den jahrhundertealten Qualitätstest auf Rhythmus, Klang
und therapeutische Lautfolge noch nicht bestanden. Die alten
sind mündlich überliefert worden. Dabei hat man
gehört, ob sie etwas taugen. Heute ist vieles erst stumm
geschrieben und gedruckt …
Literatur
6) Maria Kühn: "Macht
auf das Tor" Alte deutsche Kinderlieder, 600 Kinderlieder,
Reime, Reigen, Singspiele in Blaue Bücher,
Verlag Langewiesche, 1950, über Internetantiquariate
günstig zu beziehen. |
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Literatur: 7) Jochen Nietzold: "Freudiges Bewegen",
238 S., Mellinger-Verlag 1985, ca. 20,- € antiquarisch
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6)
Sprachförderung für Kinder durch Vorlesen und Erzählen
a)
Erzählen heißt
aufzählen, was ich alles erlebt habe: "Erstens habe
ich das erlebt, zweitens jenes usw." Ich selbst stehe
dabei für die Wahrheit meiner Erzählung. Gehörtes
oder Gelesenes weitererzählen kann ich nur in soweit,
als ich es verstanden habe und erinnere. Erinnern heißt,
sich damit in Zuneigung oder Ablehnung verbinden. Das, was
ich mir so zu eigen gemacht habe, das kann ich erzählen.
b)
Lesen oder vorlesen kann ich auch, ohne mich mit
Inhalt und Form verbunden zu haben. Beim Vorlesen taste ich
mich an Vor-Schriften entlang, halte mich wie an einen Zaun
beim Gehen. Das ist nicht das Bild des Er-Lebens sondern der
Schwäche.
Die Kinder, die Zuhörer, aber möchten einen lebendigen,
selbständigen Menschen erleben, der ihnen Vorbild sein
kann. Dazu muß ich selber stehen. Wenn ich mir also
eine Geschichte zu eigen mache, kann ich sie anschließend
wie ein eigenes Erlebnis erzählen. Das wirkt dann lebendig
und erfrischend.
Nach Caesar wurden bei den Galliern nur Grundstücksverträge
aufgeschrieben. Mythen, Sagen, Epen durften nur mündlich
weitergegeben werden – angeblich damit das Gedächtnis
nicht litte. Was sind aber Grundstücksverträge?
Wenn ich das Stück Erde, das ich von den Göttern
geliehen bekomme, um auf ihm zu leben und zu arbeiten, als
Besitz festlege, dann reiße ich es aus dem Kreislauf
des Lebens heraus und töte es. Auch die Atemluft und
das Wasser gehören mir nicht, ich darf sie nur benutzen,
damit ich leben kann. Sie sind Allgemeingut, für dessen
Pflege ich verantwortlich bin.
Ebenso sollte ich Ehrfurcht vor der Sprache als etwas Lebendigem
empfinden. Das Johannes-Evangelium beginnt so: "Am Anfang
war das Wort (Logos)… alles ist entstanden durch das
Wort"
c)
Bücher sind Särge für tote Sprache,
man könnte auch sagen: für eine "Drucke".
Die "Drucke" müssen wir beleben, damit sie
wieder zur Sprache wird. Dazu ist es gut, wenn wir die Geschichte
vor dem Vorlesen erst einmal selber einmal oder besser zweimal
laut lesen, damit wir sie hören und uns mit ihr vertraut
machen.
d)
Wortbild und Bedeutung: Lack, Laub, Land, Last – Beim Lesen dieser Worte nehme ich vier fast gleiche
Formen mit dem Auge auf. Die Bedeutungen dieser Formen sind
jedoch völlig verschieden. Beim Vorlesen schwanke ich
deshalb zwischen den sichtbaren Formen und den ganz anderen
Klängen und Inhalten hin und her. Das fortwährende
Wechseln zwischen Aufnehmen und Umformen strengt den Vorleser
an, und das Erleben dieses Wechselns macht die Zuhörer
unruhig.
e)
Eine Erzieherin schildert den Unterschied zwischen
Erzählen und Vorlesen:
"Das Eselein" der Brüder Grimm war das erste
Märchen, das ich dort ( im Kindergarten) erzählen
durfte, und da war ich natürlich aufgeregt, hab schon
beim Üben das Gefühl gehabt, ich kann`s nicht ganz.
Beim Üben fängst du ja immer vorne an – jedenfalls
ich – und von vorneher ging`s gut, hintennaus aber war
ich unsicher.
So hab ich also drei Viertel von dem Märchen auswendig
erzählt und hatte das Buch auf dem Schoß, die letzte
Seite vom Märchen aufgeschlagen. Und als ich auf den
Schluß zu kam, habe ich ins Buch geschaut - vorher frei
erzählt und dann ins Buch geschaut. Und das war ein Kontrast
wie Tag und Nacht: vorher der Kontakt zu den Kindern –
so richtig auf du und du, also ohne Schranke dazwischen, und
beim Vorlesen, da war wie eine Barriere zwischen uns, oder
eine Wand. Wir waren nicht mehr zusammen in dem Märchen
drin….."
(Mehr zum Thema --> "Vorlesen und Erzählen" )
7)
Sprachförderung durch Lautmalerei
Alte
Abzählreime werden auch heute wieder auf Spielplätzen
und in Kindergärten gesprochen.
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ene
bene dubbe dene
dubbe dene dalia
ebbe bebbe bimbio
bio bio buff |
|
a
ater
ene
hokes
äppelken
hüppelke
rubbelke
heia
holler
|
|
ba
bater
bene
pokes
päppelken
püppelken
bubbelke
popeia
diboller
|
|
rummel
de bummel
de kikel de nell
schlug die Well
in den See
kam das Reh
zieber de bieber de baff
du bist af |
|
Lautmalerei
macht deutlich, daß Klang Bilder hervorrufen
kann, ohne daß man die Worte versteht:
".…
Ich bin gegangen und gegangen, aber der Wald ist immer schlumperer
und schlumperer geworden. Und plötzlich steht vor mir
ein Garlwocht. Jawohl, ein richtiger zumpler Garlwocht, und
plunkt mich an mit seinen girren Strugen! "Jetzt ist's
stragl mit mir!" hab ich mir gedacht. "Der gurracht
mich jetzt, und dann bin ich krumpl!" Aber er hat mich
nur böse angeplunkt und ist davongehimpert. Irgendwie
bin ich dann in einen Krommach geraten. Rings um mich riesige
Stirzen und Frimpe, in denen die Murken gewimst haben. Da
seh ich in der Ferne ein kleines Stirriwink zwiegeln. Zum
Glück, hab ich mir gedacht, wenigstens ein Stirriwink!..."
(nach Martin Auer: "Was niemand wissen kann",
ISBN 3407 80158 0)
Schüler
lauschen mit offenem Mund und applaudieren begeistert, wenn
sie Gedichte und ihre Übertragung (z.B. von Max Knight) wie das folgende hören,
auch wenn, oder gerade wenn sie kein Englisch verstehen.
Christian
Morgenstern:
Zwei
Tannenwurzeln groß und alt
unterhalten sich im Wald.
Was droben in den Wipfeln rauscht,
das wird hier unten ausgetauscht.
Ein altes Eichhorn sitzt dabei
und strickt wohl Strümpfe für die zwei.
Die eine sagt: knig. Die andre sagt: knag.
Das ist genug für einen Tag |
Max
Knight:
A
pair of pine roots, old and dark,
make conversation in the park.
The whispers where the top leaves grow
are echoed in the roots below.
An aged squirrel sitting there
is knitting stockings for the pair.
The one says: squeak. The other: squawk.
That is enough for one day‘s talk. |
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8)
Sprachförderung durch sichtbare Sprache
So wie der Kehlkopf beim Sprechen die Laute formt – und damit auch die beim Sprechen ausgeatmete Luft (was mit
Hilfe von Zigarettenrauch sichtbar gemacht und fotografiert
werden kann --> Lit. Johanna
Zinke: "Luftlautformen sichtbar gemacht")
- so kann ich auch die Laute mit "Körpergesten"
sichtbar machen. Dabei kommt es nicht darauf an, äußerlich
Körperhaltungen nachzuahmen, sondern zunächst einmal
die Qualität der einzelnen Laute innerlich intensiv zu
empfinden: Selbstlaute wie "A" (staunend), "E"
(abwehrend), "U" (durchdringend) bei Tunnel,
dunkel, durch - oder Mitlaute wie "K" (hart) wie Kante, Karate, Knochen, wie "F" (gerichtete Bewegung) bei Fegen, Fahren, Feuer, wie "D" bei da, dort, deuten, oder "W" wie Welle, weich, Woge. Diesen verschiedenen Empfindungen
verleihen dann die entsprechenden Gebärden Ausdruck.
Diese Kunst wurde in der --> Eurythmie systematisch entwickelt. Wegen Kursen oder einem Gespräch
mit Ausübenden fragen Sie einfach in der nächstgelegenen
Waldorfschule nach.
9)
Sprachförderung durch Auswendiglernen
Kleine Kinder lernen Chinesisch oder Dänisch, je nachdem,
was sie von den Eltern hören. Dazu muß man sie
nicht drängen. Sie singen beim zweitenmal bereits kleine
Liedchen mit, sprechen die Kinderreime mit, ohne daß
man sie extra mit ihnen geübt hätte. Im Kindergarten
kennen sie die kleinen Märchen nach zwei-, dreimal Erzählen
so gut, daß sie sie zu Hause weitererzählen können.
Sie haben es inwendig aufgenommen und können es nun nach
außen wenden, d.h. auswendig erzählen. Sie sind
mit Leib und Seele dabei, deshalb geht das Lernen einfach.
Beim Auswendiglernen verleibe ich mir ein Lied, ein Gedicht,
ein Märchen ein, lerne seine Qualitäten dadurch
erst richtig kennen und werde innerlich reicher.
Ältere Kinder ab 9 – 11 Jahren neigen dagegen schon
zum Abstandnehmen und Beurteilen, bevor sie etwas auswendiggelernt
und kennengelernt haben. Sie bleiben auf dem Stand ihrer Urteilsfähigkeit
stehen, die sie schon vorher hatten. Aufgabe der Erwachsenen
ist es, den Kindern durch ihre eigene Freude an der Sache
die Hemmung zu nehmen, wieder auswendigzulernen. Diese Freude
darf nicht gespielt sein, sonst ist sie wirkungslos. Sie entsteht
durch wachsendes Interesse bei der regelmäßigen
Beschäftigung mit künstlerisch gestalteter Sprache. (--> Anleitung zum Auswendiglernen für Erwachsene und Aufsatz zum Thema "Erzählen und Rezitieren" )
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10)
Sprachförderung durch Märchen
ab etwa 5 Jahren in der Originalsprache der Brüder Grimm,
wie "Der süße Brei", "Der Wolf und
die 7 jungen Geißlein" - so kurz, daß das
Kind die Handlung als Ganzes erleben kann. Die Sprache der
Grimmschen Märchen hat außer ihrer Genauigkeit,
ihrem Rhythmus, ihrem Klang eine ganz besondere Qualität: sie schildert bildhaft
und in fließender Abfolge die Geschehnisse, ohne erklärende
Nebensätze, ohne Zeit- und Ortsprünge, die aus dem
träumerischen Mitwandern ins Darüber-Nachdenken
nötigen würden. Das veranlagt im kindlichen Hörer
die spätere Fähigkeit, flüssig zu formulieren
und zu sprechen.
Die
Bildhaftigkeit der Grimmschen Sprache weist
auf die Ursprünge der Sprache überhaupt hin. Auch
heute gebrauchen wir ja immer dann Bilder, wenn die Aussage
lebendig werden soll und wenn wir die Zuhörer innerlich
anrührern wollen: In den Nachrichten können wir
davon hören, daß ein Politiker "eine
andere Gangart anschlagen will" (früher verordnete der Kutscher das seinen Gäulen),
daß "ein Präsident
ausgebootet" wird, daß "Schulterschluß" erforderlich sei, daß nach der Wahl "Köpfe
rollen" werden, daß die Banken
das "nicht
schlucken" wollen, usw. Nach dieser Belebung hungern
die Menschen, weil unsere Sprache immer dürrer, trockener,
leerer geworden ist. Wen begeistert es denn, wenn davon geredet
wird, daß: "...
wir konkrete alternative Konfliklösungsstrategien
konzipieren müssen, um die Reduktion von
Kommunikationsdefiziten zu ermöglichen ..."
oder
daß "... durch
interaktiv–kreative Primärerfahrungen Kinder Resilienz
und Kohärenz gewinnen sowie Lernkompetenz entwickeln"?
Das verursacht doch Frieren und Abwehr, in der Folge Gleichgültigkeit
und Passivität, weil man dabei nichts erleben kann. (Vergl.
auch die diesbezüglichen umfangreichen Arbeiten vom Verein
Deutsche Sprache e.V., Dortmund, www.vds-ev.de
!)
Die
zweihundert Jahre alte Sprache der Grimmschen
Märchen bringt dagegen aus den Quellen wieder
Leben in unsere Sprache hinein und belebt uns selber dabei
mit. Sie ist nicht überholt sondern sprachfördernd.
Ihre gute Wirkung kann sie dann entfalten, wenn der vorlesende
Erwachsene ihre Qualität erkennt und sich für sie
begeistert, denn die Freude teilt sich mit und fördert
das Behalten und Erinnern. Sie wirkt aber nicht nur
durch ihre Form, sondern durch die Übereinstimmung von
Form und Inhalt. (Schönheit ist das Erscheinungsbild
des Wahren.) Man kann ja Albernheiten elegant formulieren,
lügt aber damit, und Lügen zerstören beim Kind
das Vertrauen in die Welt, beim Erwachsenen die Sicherheit
im Zusammenleben. Die Märchen sprechen aber tiefe Wahrheiten
aus. Der Erwachsene sollte nur eine Ahnung von der Bildsprache
der Märchen haben, um z.B. nicht bei den
sogenannten Grausamkeiten zu zweifeln. Wenn
er schwankt, ob er etwas seinen Zuhörern zumuten kann,
dann haben die Kinder keinen Halt mehr bei ihm. Und Halt brauchen
sie beim Erwachsenen-Vorbild, um später in sich
selber Halt zu finden, denn das, was der Erwachsene
ihnen vorlebt, verinnerlichen sie zur Charaktereigenschaft.
11)
Lautes oder stummes Lesen des Erwachsenen
Wir sind heute gewohnt, alles leise
zu lesen, zu überfliegen. Wir leben ja heute dichter
mit anderen Menschen zusammen und wollen sie nicht stören,
möchten nicht auffallen. Dabei erfassen wir aber nur
teilweise den Inhalt. Beim Überfliegen nimmt man den größeren Teil
des Textes nur unbewußt auf. Was wir aber unbewußt
aufnehmen, das wirkt in unserem Unterbewußtsein unkontrolliert
weiter, und das ist nicht anzustreben. Wir wollen Inhalt und
Form mit klarem Bewußtsein erfassen. Im Altertum war
lautes Lesen üblich. Erst im Mittelalter hat sich das
stille Lesen eingebürgert. Beim Lautlesen kann ich nichts
überfliegen sondern muß jede Silbe achten, um sie
auszusprechen. Mein Aufnehmen, Verstehen und Behalten wird
dadurch gründlicher. Beim lauten Lesen fängt die
Sprache erst an zu leben, vorher war sie keine Sprache. Ihr
Rhythmus, ihre Melodie, die einzelnen Selbstlaute (Gefühl)
und Mitlaute (Struktur und Festigkeit) können nun erst
wirken, sie können die Atemluft formen, den ganzen menschlichen
Leib "mitsprechen" lassen.
12)
Sprachförderung durch Singen von Texten
Manchen Menschen - ob Kindern oder Erwachsenen - gelingt das
Sprechen oder Vorlesen nur stockend. Es fließt nicht
recht. Die Sprache bleibt trocken und dürr. Dann ist
es heilsam, den Text zu einer improvisierten Melodie zu singen.
Der "Sänger" / die "Sängerin"
fühlt sich dabei bald befreit und bekommt Freude daran.
Im Gesang, der mehr vokalischen Charakter hat, erhebe ich
mich nämlich über die Sphäre des konsonantischen,
gestaltenden Willenshaften in mir, in dem die persönlichen
seelischen Schwierigkeiten eher Hemmungen und Verkrampfungen
hervorrufen können. Der
Atem-Anteil in der Sprache, der vokalisch-gesangliche Anteil,
ist freier und weniger der Willkür und dem Denken unterworfen.
In ihm lösen sich meine Verspannungen auf, und ich kann
auf einmal flüssig singend erzählen.
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13)
Der Erwachsene ist Vorbild --> Sprechübungen
für Eltern
und Erzieher:
Ein Kind lernt nur, sich aufzurichten, zu stehen, zu gehen
und zu sprechen, wenn es das Vorbild eines Erwachsenen erlebt,
der steht, geht und mit ihm spricht! Und das Sprechen ist
die Grundlage für die spätere Denkfähigkeit.
Deshalb haben wir Eltern und Erzieher eine so große
Verantwortung für unsere Haltung, unsere Gesten, unsere
Sprache. Die Sprachförderung des Kindes fängt bei
der Sprech-Ausbildung, beim Sprechen-Üben des Erwachsenen
an. Nun können wir Erwachsenen bereits alle sprechen
und meinen deshalb normalerweise, da gebe es nichts mehr zu
tun. Diese Meinung ändert sich meistens, wenn wir unsere
Stimme einmal vom Tonband hören und sie mit Radiosprechern
vergleichen: "Das soll ich sein? – oh je!",
meint dann der eine oder andere. Damit Sie Lust bekommen ein
bißchen zu üben, z.B. beim Autofahren oder allein
auf weiter Flur, wo niemand Sie hört, oder im stillen
Kämmerlein, hier ein paar Übungen, die bald Erfolge
bringen. Bei allen Übungen geht es zunächst
einmal darum, unsere erlahmten Gesichtsmuskeln und Sprechmuskeln
wieder flott zu machen. Und ein Tipp: Rhythmus ersetzt
Kraft, das heißt die regelmäßige Wiederholung
täglich zu einer bestimmten Zeit, bringt`s.
a)
Lesen Sie sich selbst laut vor,
was Sie später vorlesen wollen!
b)
Sprechen Sie beim Lesen-Üben jeden Laut übertrieben
deutlich aus. Was vom Gewohnten
abweicht, empfinden wir immer als befremdlich oder übertrieben.
Aber wenn wir etwas dazulernen wollen, müssen wir vom
Gewohnten abweichen. Auch das russische "R" ist
für uns ungewohnt, macht aber die Zunge beweglich - was
allen anderen Lauten wiederum zugutekommt. Nicht umsonst wird
"Sprache" im Englischen "tongue"
(Zunge) genannt und "language", im Französischen "la langue", was beides auf Lateinisch
"lingua" (Zunge) zurückgeht!
c)
Wenn Sie regelmäßig üben, jeden Laut zu achten,
werden Sie beim Vorlesen und Erzählen deutlicher sprechen
als früher - und langsamer. Aber die Zuhörer werden
es nicht als langsam empfinden, sondern sie nehmen die Sprache
tiefgründiger wahr und leben aufmerksamer in ihren Bildern
mit. (Vergl. neue Tendenzen in der Musik --> www.tempogiusto.de)
d) Üben Sie die einzelnen Laute für sich.
Also, fangen wir an beim "A": Erste Stufe:
A mit gewohnter Mundstellung, zweite Stufe:
A mit weit offenem Mund, dritte Stufe: A mit weit offenem Mund und noch dazu beide Zahnreihen zeigen!
In der letzten Stellung das A bis zum Knarren aushalten: bis
man keine Luft mehr hat – dann gähnen! - Und wieder
von vorn beginnen! (Beim Gähnen entspannt sich der Kehlkopf,
dadurch wird eine gepreßte Stimme locker.)
e)
Na La Da Ta – dreimal wiederholen –
Gähnen – und wieder von vorn. Bei N L D T die Zunge senkrecht an den
Gaumen stoßen lassen, nicht an die Schneidezähne.
Beim "A" den Mund ganz weit öffnen. Dabei wechseln an der Zungenwurzel Anspannung
u. Entspannung. Die Entspannung der Zungenwurzel wirkt
befreiend auf den Kehlkopf. (Dr. med. Michael Przerwa
HNO, Stuttgart) Die männliche Stimme wird tiefer,
die weibliche voller.
(Methode Heide Mende-Kurz, siehe --> www.wortforum.de ) |
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f)
Abrakadabra, Rabadakabra, Bradakaraba, Kadarabraba
(alles mit russischem Zungen-R sprechen! Kadarabraba ist gar
nicht so leicht schnell zu sprechen, am besten schafft man
es, wenn man mit einem kräftiges "K" anfängt.)
g) "O" und "U" Auch bei Radiosprechern
klingt Politik und Polizei
oft wie Pulitik und Pulizei.
Diese Schlaffheit verschwindet, wenn wir unsere Gesichtsmuskeln,
unsere Sprechmuskeln mit der folgenden Übung trainieren.
Legen Sie dabei besonderen Wert auf den Unterschied zwischen
"O" und "U" (Lippentraining).
Sturmwort
rumort um Tor und Turm
Molchwurm bohrt durch Tor und Turm
Dumm tobt Wurm-Molch durch Tor und Turm
Das
ist ein kleiner Teil von vielen -> Sprechübungen,
die richtig Spaß machen. Alleine können Sie anfangen
und probieren, aber Sie werden bald merken, daß Sie
doch ab und zu eine Anleitung brauchen, wenn es über
das Gewohnte hinausführen soll. Vereinbaren Sie dann
einen Schnupperkurs über 1 ½ Std. für 50,-
€ bei Frank Jentzsch in Stuttgart, oder melden Sie sich
bei der Dipl.-Sprachgestalterin und Logopädin Heide Mende-Kurz
an, Tiefenbachstr. 29 / 5, in 72660 Beuren, Tel. 07025 – 84 33 66. --> www.wortforum.de.
Oder beim--> Institut für
Sprachgestaltung, Otto Ph. Sponsel-Slezak, Bad Liebenzell-Unterlengenhardt:
--> www.sprachgestaltungskunst.de - Literatur 9): Christa Slezak-Schindler: "Künstlerisches Sprechen im Schulalter", ISBN
978-3-927286-74-0.
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zur Themenübersicht
Die
Inhalte dieser Homepage gibt es als Buch, DINA5: 22,- € (incl. Versand)
Stand:
16.2.2008
/ 25.3.2008 / 5.8.2008 / 7.9.2009/ 18.4.2010 / 3.6.2010 /
20.6.2010 / 3.7.2010 / 19.5.2011 / 14.6.2011 / 17.11.2013 / 29.4.2014 / 9.7.2014 / 5.6.2016
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