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"Märchern erzählen lernen" (Kurzfassung für Eilige! 20.10.2023)
1) Ich erwerbe mir eine Ahnung davon , was ich erzähle, sonst gleiche ich einem Menschen, der fröhlich einen lateinischen Text vorliest, ohne zu wissen, ob es sich dabei um einen Hochzeitsglückwunsch oder um Catos Kriegserklärung an Carthago handelt. Märchen schildern in Sinnbildern Zumutungen, die uns im Leben begegnen, und deren Überwindung. --> http://www.maerchenfrank.de/sites/maerchendeutung/Maerchen_Deutung_liste.htm
2) Ich übe sorgfältig zu artikulieren, nehme jeden Laut, jedes Wort ernst. Es gibt keine unwichtigen Worte in einem guten Text.-->http://www.maerchenfrank.de/sites/Sprachfoerderung.htm --Absatz Nr. 13).
3) Beispiel: "Es war einmal ein König, der hatte einen großen Wald bei seinem Schloß, darin lief Wild aller Art herum....." Das sind drei Situationen, drei Bilder. Der Erzähler sieht innerlich das Bild und beschreibt es für die Zuhörer. Er spürt ab, ob das Bild auch in den Zuhörern entsteht. Dann beschreibt er das nächste Bild, und so fort.
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Fortbildungs-Seminare
zum Märchen-Erzählen-Lernen und Märchen-Deuten mit
Frank Jentzsch mit Übungen zum
Vorlesen und freien Erzählen, zum
Lernen von Texten, zum Vortragen und zur Sprachqualität. Wie
erzähle ich überzeugend? Ist Lampenfieber vermeidbar? Erzählkunst ist Sprachförderung! - Eine Ahnung von den
Sinnbildern der Märchen verstärkt die Motivation der Teilnehmer:
Brauchen
Menschen Märchen? Sind Märchen frauenfeindlich, weltfremd,
grausam?
SEMINAR-Beispiel
(ein Wochenende oder vier Abende)
1.
Schritt - Jeder
schildert ein eigenes starkes Erlebnis. Alle zeigen damit, daß
sie lebendig erzählen können.
2. Schritt - Lautes
Vorlesen eines Märchentextes (Grimm) und aufmerksames Zuhören.
Wie wird der Text zum inneren Erlebnis?
3. Schritt - Zur
Auflockerung den gedruckten Text fröhlich, betrübt, wütend
... vorlesen, dann sich fragen: Was will der Text selber?
4. Schritt - Artikulationstraining:
deutliche, klare Aussprache aller Laute! (Teil 1)
5. Schritt - Übungen
zum freien Erzählen und zum Auswendiglernen (Teil 1)
6. Schritt - Die Sinnbilder der
Märchen: Die Stiefmutter, der Wolf, die Grausamkeiten, die
Helfer, Märchenwege usw.
7. Schritt - Artikulationstraining:
Deutliches Sprechen belebt Sprecher und Zuhörer! (Teil 2)
8. Schritt - Übungen
zum Auswendiglernen (Teil 2)
9. Schritt - Rückblick
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SEMINAR
- Inhalte:
1)
Etwas zur Deutung der Märchen: Sie
ahnen, daß Märchen mehr sind als normale Alltagsgeschichten.
Aber die Fragen nach den Grausamkeiten, der Rolle der Frau im Märchen,
dem unrealistischen Märchenhelden kann man nicht so einfach
beiseiteschieben. Und Sie scheuen sich vielleicht zu Recht, den
Märchen mit Psychoanalyse zu Leibe zu rücken, um ihren
Zauber nicht zu zerstören. Vergleichen Sie einmal die folgenden
beiden Aussagen:
1)
Peter hat bei dem Unfall ein Bein verloren, und
Jutta hat eine Niere gespendet. (Materiell gemeint)
2)
Klaus hat den Kopf verloren, weil er sein Herz
verschenkt hat. (im übertragenen Sinne gemeint)
Märchen
sprechen in der zweiten Art zu uns. Märchen schildern menschheitliche
und individuelle Seelenentwicklung in symbolischen Bildern. Sie
sind Sinnbilder menschlicher Entwicklungswege. Und damit wir nicht
nur gedanklich darüber stehen und urteilen, sondern mit-erleben
und dadurch lernen, kleidet das Märchen seine Inhalte in alltägliche
Figuren, mit denen wir uns identifizieren können. Die inneren
Bilder können in uns zu freilassenden Vorbildern werden, auch
noch nach Jahren.
2) Äußere Bilder: Illustrationen,
Filme, Videos
Nehmen
wir an, Sie hätten ein Buch gelesen - und nun schauen Sie sich
den Film dazu an: Alles "falsch"! Warum? Weil die Bilder
des Regisseurs nicht die Ihren sind, ganz einfach. Wir werden darüber
sprechen, warum es vor allem für Kinder wichtig ist, sich eigene
innere Bilder zu machen, und nicht die Vorstellungen eines Grafikers
oder Entwerfers übernehmen zu müssen. Märchen schildern nämlich in Sinnbildern menschliche Entwicklungsmöglichkeiten. Jedes Kind, jeder Hörer oder Leser stattet die ordnenden Strukturen des Märchens mit seinen eigenen Bildern aus - und ordnet damit beispielhaft seine eigene Biographie. Illustrationen oder Filme verhindern oder erschweren das.
3)
Vorlesen und Erzählen
Stellen
Sie sich vor, Sie hätten gerade etwas Schönes erlebt.
Da treffen Sie Ihre Freundin und sagen: "Warte, ich muß
etwas aufschreiben und Dir vorlesen!" Unvorstellbar, nicht
wahr? Ja, natürlich erzählen Sie ihr sofort ohne Umwege
frisch und lebendig, was Sie auf dem Herzen haben, was sonst? Diese
Frische und Lebendigkeit möchten die Zuhörer in jedem
Gespräch erleben. Vorlesen und Erzählen aber sind Gespräche
mit den Zuhörern. Nun sind die gedruckten Texte tot. Sie möchten
von uns zum Leben erweckt werden. Dazu müssen wir sie uns zu
Herzen nehmen und sie innerlich erleben. Damit verleiben wir sie
uns ein, und dann können wir sie aus unserer Persönlichkeit
heraus - by heart - erzählen oder vorlesen, als wär`s
ein eigenes Erlebnis.
Das Lampenfieber und die Angst vor dem Publikum werden in dem Maße
verschwinden, wie wir es schaffen, uns beim Sprechen auf das Märchen
zu konzentrieren, ganz in seinen Bildern zu leben. Unsere Freude
über die Schönheit der Sprache wird uns beim Auswendiglernen
helfen. Dazu gibt es eine Methode, die das Lampenfieber Schritt
für Schritt nahezu abschafft. (--> Lernmethoden)
Auf jeder Stufe können Sie sich aber immer dafür entscheiden,
vorzulesen - und das entsprechend frischer und lebendiger, als wenn
Sie nicht geübt hätten das Märchen zu erzählen.
4)
Die Sprache
Wir
haben in der deutschen Sprache das Glück, daß die Brüder
Grimm Märchen gesammelt und aufgeschrieben haben. Ihre Texte
wirken sprachbildend, aufbauend, heilend. Ihre einzigartige Erzählkunst
wird deshalb gerade heute - als Sprachförderung - dringend gebraucht. Das wird uns aber erst richtig bewußt,
wenn wir sie sprechend nachzuschaffen versuchen, oder sogar auswendig
lernen. Dann beginnen wir erst ihre Feinheiten zu bemerken, über
ihre Genauigkeit und Schönheit zu staunen, während wir
sonst üblicherweise beim Darüberhinlesen nur die Informationen
verstehen und "abhaken".
5)
Kinder lernen sprechen
Sie
fühlen die Stimmung, in der sich die Erwachsenen befinden.
Dann hören sie die dazu gesprochenen Worte. Innerlich verbinden
sie Stimmung und Klang. Vor einem Rekorder oder Fernseher lernen
sie nicht sprechen, weil diese Geräte nur die Akustik des Wortes
bringen. Nehmen wir uns also die Zeit, mit unseren Kindern zu sprechen,
für sie zu erzählen. Keine Kassette kann das ersetzen.
Nach
dem Ausprobieren von Mundraum, Gaumen, Zunge, Lippen mit "m
m m... ma ma ma.... lä lä lä.... brr brr brr..."
usw. genießen sie die Kosereime "Kinne wippchen, rot
rot Lippchen....", später "Das ist der Daumen, der
schüttelt die Pflaumen...", dann Spiele wie "Hoppe
hoppe Reiter...", bei denen der Erwachsene rhythmisch und deutlich
spricht, jeden Laut ausprägt. Erleben der Stimmung, Klang,
Rhythmus und Empfindung des eigenen Körpers in der Berührung
läßt das Kind freudig den eigenen Körper und die
Muttersprache ergreifen. Die alten Kinderreime bauen durch ihre
Lautkombinationen den Mund-, Nasen-, Rachenraum, sorgen durch die
richtige Haltung der Zunge für eine gute Zahnstellung und veranlagen
die spätere Sprech- und Denkfähigkeit des Menschen.
6)
Erwachsene lernen sprechen
Kinder
können uns darauf aufmerksam machen, was Klang, Rhythmus und
jeder einzelne Laut in die Welt bringen und bewirken. Ein K (kurz,
knapp, Karate, Krach...) ist ein anderes Wesen als W (Welle, weich,
Woge...) und erzeugt andere Bilder. Üben wir also, alle Laute
in ihrer Eigenart zu würdigen und deutlich auszusprechen. So
deutlich, wie wir als Eltern, als Erzieher und als Lehrer sprechen,
so lernen es unsere Kinder. Sprache veranlagt das Denken und soziale
Fähigkeiten. --> Sprachförderung
7)
Erziehung der Kinder und Selbsterziehung der Erwachsenen:
Wichtig ist, daß die Erwachsenen sorgfältig sprechen lernen, denn von ihnen lernen es die Kinder. Das Sprechen wirkt
ja gehirnbildend und veranlagt das spätere Denken. Siehe -->
Sprachförderung,
Absatz 13). Auch Charakterbildung
und soziale Fähigkeiten wie Konsequenz, Durchhaltevermögen,
Freundlichkeit, Ehrlichkeit, Geduld oder Friedfertigkeit werden
heute in Erziehung und (Aus-)Bildung immer wichtiger und fordern
uns zum Üben heraus. Eine interessante Initiative dazu findet
man unter www.tugendprojekt.de
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